Quizshow(ck)

Schon vor einiger Zeit ist mir eine Meldung aufgefallen, die über ein Experiment berichtet, das in ähnlicher Form in den 60er Jahren von einem Sozialpsychologen namens Stanley Milgram schon einmal durchgeführt wurde. Er machte dabei Testpersonen glaubhaft, dass sie im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung Stromstöße an andere Probanden austeilen sollten. Da die Untersuchung an der Universität Yale in den USA durchgeführt wurde schien diese auch wirklich seriös zu sein. Erschreckender Weise war die Bereitschaft der meisten Teilnehmer, auch starke Stromstöße abzugeben, sehr groß.

Der französischer Filmemacher Christophe Nick hat sich mit der Frage beschäftigt, inwieweit das Fernsehen in der Lage ist Menschen wie dich und mich zu manipulieren und hat kurzerhand das damalige Experiment in die heutige Showlandschaft versetzt.
In Szene gesetzt wurde das Experiment als Quizshow, bei der sogar eine bekannte Moderatorin für die notwendige „Echtheit“ sorgte. Die Kandidaten hatten die Aufgabe einem in einer Kabine eingesperrten Mitstreiter Fragen zu stellen und ihn bei nicht korrekter Beantwortung zu strafen – mit Stromstößen. Anfangs zeigten die umzulegenden Hebel noch ganz harmlose Werte an, der finale Todesstoß wurde dann aber mit sage und schreibe 460 Volt gesetzt. Der Kandidat stöhnte, schwitzte, winselte fast um Gnade, bis er dann gar nichts mehr sagte.

Gott sei Dank war der in der Kabine eingesperrte Kandidat ein Schauspieler und imitierte nur die physischen Auswirkungen der Stromstöße auf seinen Körper.

Wieder einmal sieht man bestätigt was man ansonsten immer nur vermuten kann und am Liebsten einfach verdrängt – der Mitläufer Mensch. Als hätten wir nicht schon genügend Beispiele in der Geschichte gehabt – allen voran das Nazi-Regime in unserem eigenen Land – wiederholen hier jede Menge Menschen aufs neue das was keiner mehr für möglich hält. Zumindest nicht bei uns, im zivilisierten Westen.
Aber anscheinend müssen wir uns eines Besseren belehren lassen. Eigentlich kennt ja auch jeder selbst genügend solcher Situationen. Da wird ein angepöbelt – alle schauen weg. Jemand benötigt erste Hilfe – alle gaffen nur.

Der Leiter des Forscherteams um die Quizshow „La Zone Extreme“, Jean-Léon Beauvois, spricht in seinem zugehörigen Dokumentarfilm von einer „Masse der Fernseh-Individuen“ die alle das selbe sehen und dadurch auch gleich geprägt werden. Es fällt in diesem Zusammenhang sogar das Wort „Totalitarismus“.

Wie wichtig ist es sich genau auszusuchen von wem man sich prägen lässt und von wem nicht. Es könnte sein, dass man sich sonst in einer psychischen Konstitution wieder findet, in die man nie hätte gelangen wollen…

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